Liebe Bahn, wir müssen reden!

Kein Auto nutzen: die CO2-Einsparpotenitale sind dafür nicht von der Hand zu weisen. Im Klimaschutzbericht der Regierung für das Jahr 2019 wird dazu berichtet, dass es einen Höchststand hinsichtlich des CO2-Ausstoßes durch PKW im Jahre 1999 gab – mit 185 Mio. t CO2-Äquivalenten. Bis 2009 sanken diese zwar, um dann wieder zu steigen und schließlich 2017 sogar einen neuen Höchststand zu erreichen. Traurige 168 Mio. t wurden wieder aufgefahren. Danach ging der Ausstoß wieder leicht zurück und wird für das Jahr 2018 auf 162 Mio. t beziffert. Dann ist ja alles gut, könnte man denken. Gefahr erkannt, Gefahr wird gebannt, da der Bürger und die Wirtschaft das Problem ja anscheinend erkannt haben. Mitnichten! Für das Jahr 2020 wurde der CO2-Ausstoss durch den Verkehrssektor wieder steigend prognostiziert – auf 166 Mio. t. Die Deutschen Klimaschutzziele für 2020 erlaubten eine Menge von 150 Mio. t CO2-Äquivalente für den Verkehrssektor. Das dieser Wert schließlich erreicht worden sei, so Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, liege daran, dass in 2020 deutlich weniger Autos gefahren und auch der Luftverkehr (Inlandsflüge) deutlich zurückgegangen sei.

Also keine Ausreden mehr – da ich Teil des Problems bin, ist die Lösung einfach: Ich möchte mehr Bahn fahren. Dazu kann ich in „meiner“ Stadt gut auf die öffentlichen Verkehrsmittel zurück greifen. Die fahren regelmäßig und kosten nicht die Welt. Zwar muss ich hier feststellen, dass es auch schwierig sein kann, eine verlässliche Verbindung zu finden, aber meist kann ich einfach eine Haltestelle weiter gehen und kriege dort dann eine Bahn die auch grob in die richtige Richtung fährt. Aufgrund großer Umbauarbeiten kommt es zwar auch immer wieder zu Ausfällen, Verspätungen und Umleitungen – allerdings habe ich nicht das Gefühl, dass die Straßenbahnen dadurch nicht mehr nutzbar würden.

Schwieriger wird es da schon, wenn ich weiter weg will – um Franzi oder die Eltern zu besuchen, eine Dienstreise anzutreten oder einfach in den Urlaub zu fahren. Da ich die Züge der Bahn meist nutze, um zwischen Städten zu reisen, gelten hier etwas andere Anforderungen als für die Straßenbahnen. Egal wie ich es drehe, braucht es für eine gute Nutzbarkeit der Bahn einen verlässlichen Fahrplan, damit ich eine Bahnfahrt auch sinnvoll planen kann. Niemand will gerne während der Fahrt feststellen, dass der Anschlusszug um genau 3 Minuten nicht erreicht wird.

Sicherlich können Verspätungen auftreten, dann sollten aber alternative Verbindungen direkt ermittelt und mir vorgeschlagen werden – eine Anforderung, die aus meiner Sicht mit der ansonsten gut arbeitenden DB-App in vertretbarem Aufwand umsetzbar sein sollte. Was definitiv eine wichtige Voraussetzung für das Reisen mit der Bahn ist, ist, dass man vor Abfahrt des Zuges sicher sein kann, dass dieser auch fährt. Hier hapert es manchmal, da die Mail-Benachrichtigung sehr spät kommt. Auch das, so mein Gefühl, ein Problem, dass eher ein wenig technische Anpassung bedarf als große Umstellungen und neue Lösungen.

Aber was bringt das alles bezogen auf meinen CO2-Ausstoß? Wenn ich die Straßenbahnen nehme erfreulicherweise viel. Das zumindest ergab eine kleine Anfrage an die Betreiber der Straßenbahnen. Die Bahnen führen, so wurde mir mitgeteilt, mit Strom aus Wasserkraft (Aussage einer Mitarbeiterin per Mail). Auch die Haltestellenbeleuchtung würde aus dieser Energiequelle betrieben. Also nachhaltig in vielen Bereichen.

Und ist Bahnfahren eigentlich gut für das Klima? Und für den Rest der Natur? Spoiler: so einfach ist das nicht! Aber mal schön im Detail bitte: Ich habe auf den Zügen gelesen, dass sie mit 100% Ökostrom fahren. Klasse, dachte ich, reisen mit 100% Ökostrom ist schon schön. Aber: wie selbst die Bahn schreibt, gilt das Gebot von 100% Ökostrom nicht für alle Züge.

Unser großes Ziel ist es, bis 2040 komplett klimaneutral zu sein. Schon heute liegt der Anteil erneuerbarer Energien am Bahnstrommix bei rund 61 Prozent. Bis 2030 wollen wir den DB Bahnstrommix auf 80 Prozent Ökostrom erhöhen. Bis 2038 sollen es sogar 100 Prozent sein. Ein wichtiger Meilenstein: Bis zum Jahr 2030 wollen wir den spezifischen Ausstoß an Treibhausgasen um mehr als die Hälfte reduzieren.

Auf der Schiene mit Ökostrom – Deutsche Bahn | Das ist grün.

Die Aussage 100% Ökostrom bezieht sich dabei also nur auf den Fernverkehr – also ICE und Konsorten. Erfreulich zu sehen ist, dass die Bahn anscheinend diese Ziele ein wenig vorgezogen hat, berichtete Die Welt am 11.09.2019 doch noch, dass die klimaneutrale Bahn erst 2050 kommen solle.

Berücksichtigen muss man also bei all diesen Überlegungen, welche Strecken man regelmäßig fährt und welche Züge dort eingesetzt werden. Ich zum Beispiel komme in der Regel nicht ohne eine gewisse Strecke mit Diesellok aus. Ich habe mich daher gefragt, wie klimaschädlich die Diesellok tatsächlich im Vergleich zum Standard-Mix im deutschen Stromnetz ist. Denn: aus meiner täglichen Arbeit weiß ich, dass der hiesige Inlandsstrom im „normalen“ Mix (also aus unterschiedlichen Quellen) 2019 einen geschätzten CO2-Faktor von 0,424 kg/kWh hat. Diesel hat einen CO2-Faktor von 0,266 kg/kWh, also deutlich geringer als der von Strom. Was bedeutet das nun für mich? Das ich mit dem Vergleich wohl nicht viel weiter komme. Vielmehr will ich ja wissen, wie es sich im Vergleich zum Auto verhält.

Ein Auto verbraucht, wenn es ein Dieselfahrzeug ist, etwa 7 Liter pro 100 Kilometer. Diesel hat einen Heizwert von rund 10 kWh/l (ich mache es mir mal einfach). Pro 100 Kilometer stößt der Diesel also etwa 18,5 kg CO2 aus. Fährt eine Bahn mit dem deutschen Stromdurchschnitt, hat sie laut Quarks einen CO2-Ausstoß von 3,6 kg pro 100 Kilometer. Leider habe ich keine genaueren Verbrauchswerte für die Bahn gefunden. Wenn es da bessere Hinweise gibt, freue ich mich über eine Mail oder einen Kommentar.

Wichtig bei der ganzen Überlegung ist es, festzustellen, wie viele Personen mit dem jeweiligen Fahrzeug transportiert werden können. Natürlich stößt die Bahn absolut mehr CO2 aus. Damit werden aber auch einige hundert Menschen befördert. Im normalen PKW sind das maximal 5. Aber im Schnitt wohl eher 1,7.

So, wohin führt mich das also? Das ich trotzdem versuchen werde, weiter Bahn zu fahren. Ich bilde mir ein, dass neben den reinen Einsparungen an CO2, die es ohne Frage gibt, ich mit der Bahn auch weniger im Stau stehe und eigentlich auch ein wenig entspannter ankomme als mit dem Auto. Zumindest kann ich im Zug noch neben der Fahrt etwas tun – ob nun produktiv oder als Müßiggang ist dabei ja egal. Ich kann mir die Zeit halt nehmen.


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